Schriftgrößen und Schriftarten richtig auswählen

Wie auch beim verständlichen Schreiben kommt es bei der Wahl von Schriftgröße und Schriftart darauf an, für wen du schreibst und wo dein Text erscheinen soll. In diesem Blogbeitrag gehe ich auf verschiedene Leserinnen und Leser (Lesys) und Medien ein. 

Inhaltsverzeichnis

Veröffentlichungen im Internet 

Damit dein Text von möglichst vielen Menschen im Internet gut gelesen werden kann solltest du dich an die Richtlinien halten. Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) sind ein Leitfaden, der dir dabei hilft, deinen Internetauftritt für viele Menschen zugänglich zu machen.  

Für deinen Text solltest du eine schnörkellose Schrift wählen, bei der die einzelnen Buchstaben und auch die Zahlen gut voneinander unterschieden werden können. Ein großes „O“ und die Zahl Null sollen deine Lesys zum Beispiel nicht verwechseln können.
Empfohlene Schriftarten sind zum Beispiel Gill Sans, Frutiger, Tahoma oder Verdana. 

Bei deinem Webauftritt kommt es aber nicht nur auf die Schrift an. 

Guter Kontrast von Text zu Hintergrund 

Hast du dich für eine gut lesbare Schriftart entschieden, dann schau dir das Kontrastverhältnis von Schrift zu Hintergrund an. Hast du eine Schriftgröße gewählt, die kleiner als 18pt oder 14pt Fettschrift ist? Dann muss das Kontrastverhältnis von Schrift zu Hintergrund mindestens 7:1 betragen. 

Liegt deine gewählte Schriftgröße über 18pt oder 14pt Fettschrift, muss das Kontrastverhältnis bei mindestens 4,5:1 von Text zu Hintergrund liegen.
Diese Verhältnisangaben beruhen auf den WCAG 2.0 für das strengere AAA-Kriterium. Reicht für deine Webseite das AA-Kriterium, dann gilt für dich:
– Deine Schriftgröße ist kleiner als 18pt oder 14pt Fettschrift? Dann muss das Kontrastverhältnis von Schrift zu Hintergrund mindestens 4,5:1 betragen.
– Deine Schriftgröße liegt über 18pt oder 14pt Fettschrift? Dann muss das Kontrastverhältnis bei mindestens 3:1 von Text zu Hintergrund liegen. 

Überprüfen kannst du dein Kontrastverhältnis zum Beispiel mit dem Kontrastrechner von Leserlich.info. Oder du lädst dir den kostenlosen Colour Contrast Analyser herunter: Colour Contrast Analyser (CCA) – TPGi

Diese Regelungen gelten natürlich auch für Fotos. Gerade bei Beiträgen auf Social Media wird ein Text oft über ein Foto gelegt. Dabei kann es passieren, dass einzelne Buchstaben nicht mehr lesbar werden. 
Wie du das ändern kannst? Hinterlege deinen Text immer mit einem farbigen Hintergrund, so dass du einen ausreichenden Kontrast sicherstellen kannst. 

Kleiner Hinweis zur Berechnung von Kontrastverhältnissen für Spezialisten 

Detlev Beyer von der Medienkonzepte GbR schreibt in seinem Blog über eine neue Art, Farbkontraste zu berechnen. Das Problem bei der Methode nach WCAG 2.0: Die wenigsten Menschen verfügen über ein Sehvermögen nach dem Lehrbuch. So kann ein Kontrastverhältnis, das nach WCAG nicht zulässig ist, für Menschen mit Fehlsichtigkeit zu keinen Problemen führen.
Um die Vielfalt der Sehfähigkeiten besser zu berücksichtigen, bietet sich der Accessible Perceptual Contrast Algorithm (APCATM) an. Wenn du Näheres darüber wissen möchtest, lies gerne im Blog von Detlev Beyer Näheres dazu: Kontrastprogramm – neue Regeln für die Berechnung eines barrierefreien Farbkontrasts – Medienkonzepte 

Internetfund: Das Kontrastverhältnis von Schrift zu grünem Hintergrund beträgt 2:1. Die Schrift ist somit auf dem Hintergrund schlecht lesbar. 

Schriftgröße bei Leichter Sprache 

Schriftgröße von Leichter Sprache bei gedruckten Texten 

Bei Leichter Sprache sollte dein Text in gedruckter Form mindestens eine Schriftgröße von 14pt haben. Hier ist es besonders wichtig, dass die Buchstaben sich deutlich voneinander unterscheiden. 

Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich allerdings sagen, dass auch 14pt oft nicht ausreicht. Menschen in meiner Lesegruppe hatten oft auch eine Sehbeeinträchtigung. Es ist daher wichtig, dass du dir genau überlegst, wer deinen Text nachher lesen soll. 
Auch die Situation ist entscheidend. Meine Lesegruppe hatte beispielsweise ein Kochbuch in Leichter Sprache. Die Schriftgröße war 14pt. Für meine Gruppe viel zu klein und dann sollte auch noch praktisch gekocht werden. Das führte zu zusätzlichem Stress. 
Mach es deinen Lesys also so einfach wie möglich und überlege dir, wie du ihnen Stress und Lesearbeit abnehmen kannst. 

Schriftgröße von Leichter Sprache bei Texten im Internet 

Vielleicht denkst du, du musst dir bei der Schriftgröße von Texten im Internet nicht so viele Gedanken machen, denn im Internet kann man den Text ja zoomen? 

Das ist richtig, aber nicht alle Menschen wissen, wie das geht. Was du tun kannst:
Stelle Informationen, wie man deine Webseite oder dein Dokument nutzt, möglichst an den Anfang. Hier kannst du auch die Zoomfunktion erklären.
Manche Webseiten arbeiten auch mit Overlay-Funktionen. Diese zusätzlichen Funktionen können zum Beispiel deinen Text vergrößern oder ihn vorlesen. Das kann hilfreich für Menschen mit Lernschwierigkeiten oder für ältere Menschen sein, die diese Funktionen kennen.
Diese Funktionen machen deine Webseite aber nicht barrierefrei. Andere Menschen können immer noch von Barrieren betroffen sein. 

Schreiben für Menschen mit Dyslexie 

Dyslexie ist eine Lernstörung. Menschen mit Dyslexie sind nicht weniger gebildet oder intelligent. Die Wörter und Buchstaben können allerdings oft nur unter Mühen verarbeitet werden. Viele Betroffene berichten davon, dass die Buchstaben vor ihren Augen hüpfen und den Platz wechseln, was die Webseite Deylisxa | geon schön simuliert. 

Du kannst dir also vorstellen, dass Lesen unter diesen Umständen sehr schwierig ist.
Halte dich daher in deinen Texten kurz und knapp. Arbeite mit Zwischenüberschriften und Zusammenfassungen. 

Für Menschen mit Dyslexie wurde zudem eine besondere Schrift entwickelt: OpenDyslexic. 

Ein Beispiel siehst du hier: 

Quelle: Wikipedia editors. Uses OpenDyslexic font, available at http://dyslexicfonts.com. – OpenDyslexic Wikipedia page, as edited at 20:14, 2 January 2014., CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=30461538  

Diese besondere Schriftart hilft den Betroffenen sehr: Die Buchstaben sind klar voneinander unterscheidbar und sie werden als weniger „hüpfend“ wahrgenommen. 

Teste die Vorlesefunktion 

Menschen mit Dyslexie lassen sich zudem Texte gerne vorlesen. Viele Browser bieten eine Vorlesefunktion an und du kannst dir anhören, wie beispielsweise dein PDF klingt. Du kannst dir deinen Text auch vom kostenlosen Screenreader NVDA vorlesen lassen. Screenreader nutzen vor allem blinde Menschen.
Hast du beispielsweise die Sprache nicht sauber ausgezeichnet, wird ein Satz wie „Never change a running system“ in deinem deutschen Dokument mit deutscher Aussprache vorgelesen. Der Satz ist so nicht mehr zu verstehen. Achte also darauf, dass dein Dokument sauber strukturiert und ausgezeichnet ist, damit es auch vorgelesen ein Vergnügen ist. 

Verwende keine Versalien 

Menschen mit Dyslexie nehmen Wörter oft als Bilder war. Sie bauen ein Wort also nicht aus Buchstaben auf, sondern speichern das Wortbild ab.
Darum hilft es ihnen sehr, wenn du Wörter nicht nur in Großbuchstaben (Versalien) schreibst. Ein Wort sieht in Großbuchstaben anders aus und die Betroffenen können das Wort nicht mit dem gespeicherten Wortbild überein bringen. 

Zusammenfassung 

  • Ein gut lesbarer Text verwendet eine Schriftart, bei der sich die Zeichen deutlich voneinander unterscheiden. Empfohlene Schriftarten sind zum Beispiel Gill Sans, Frutiger, Tahoma oder Verdana. 
  • Das Kontrastverhältnis von Text zu Hintergrund sollte mindestens 4,5:1 betragen, damit der Text gut gelesen werden kann. Ist der Text kleiner als 18pt oder 14pt Fettschrift, sollte das Kontrastverhältnis bei 7:1 liegen. 
  • Leichte-Sprache-Texte sollten eine Schriftgröße von mindestens 14pt haben. 
  • Menschen mit Dyslexie unterstützt du, indem du 
  • bei Texten die Schriftart OpenDyslexic verwendest, 
  • keine Versalien benutzt und  
  • indem du deine Texte auch in der Hörversion auf Verständlichkeit prüfst.
Katrin steht hinter einem Stück Mauer. Ihre Arme hat sie auf der Mauer verschränkt. Sie trägt eine dunkelblaue Bluse mit Stehkragen. Sie lacht. Ihr Blick geht seitlich nach oben.

Katrin Nägele

Katrin Nägele ist Übersetzerin für Einfache und Leichte Sprache. Zusammen mit ihrem Team setzt sie sich für gut verständliche Texte am Bodensee ein.

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